EU-Importe von russischem LNG auf Rekordniveau

EU-Importe von russischem LNG auf Rekordniveau

Veröffentlicht am 1. November 2022 von KD.

Das allgegenwärtige Gerede über eine angestrebte Unabhängigkeit Europas von allen Formen von Energieimporten aus Russland erweist sich als Farce. Denn wie Malte Humpert auf High North News berichtet, stiegen die europäischen Importe von Flüssigerdgas (LNG) aus dem Land in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 um ganze 50 Prozent.

Einige EU-Länder, die zuvor kein oder nur geringe Mengen Erdgas aus Russland importierten, würden nun regelmässig LNG-Lieferungen von dort erhalten. Gleichzeitig seien die europäischen Importe von wesentlich billigerem russischem Pipelinegas um mehr als 80 Prozent zurückgegangen.

Die Einfuhren von russischem LNG sind gemäss Humpert Teil eines anhaltenden Vorstosses der EU, russisches Pipelinegas durch Flüssiggas zu ersetzen. Eine grosse Anzahl von Lieferungen komme dabei aus den USA und Katar. So überrascht es nicht, dass der transatlantische German Marshall Fund of the United States (GMF) dem Import von russischem LNG kritisch gegenübersteht. Kristine Berzina, leitendes Mitglied dieses Funds für den Bereich Sicherheits- und Verteidigungspolitik, erklärte:

«Es ist sicherlich besorgniserregend, dass die russischen LNG-Verkäufe zunehmen, auch an Spanien und Belgien und andere Länder, die sich in den Bemühungen der NATO und der EU engagiert haben, Russland zu sanktionieren und unter Druck zu setzen, damit es seine Aggression in der Ukraine einstellt. Dies ist ein Zeichen für die unvollständige europäische Solidarität, und es ist enttäuschend für diejenigen, die wollen, dass die Sanktionen die grösstmögliche Wirkung zeigen.»

Tatsächlich kaufen jetzt auch Länder LNG aus Russland, die früher kein russisches Erdgas über Pipelines importiert haben, zum Beispiel Spanien und Griechenland, erläutert Berzina. Grosse Gasimporteure wie Deutschland würden hingegen nicht über LNG-Importterminals verfügen.

Die Lieferungen nach Europa und Asien hätten es Russland ermöglicht, seine LNG-Exporte auf Rekordniveau zu halten. Fast 80 Prozent der russischen LNG-Exporte seien nach Europa und Asien gegangen. Im Jahr 2022 habe das Land durchschnittlich 2,78 Millionen Tonnen LNG pro Monat verschifft gegenüber 2,62 Millionen im Jahr 2021 und 2,56 Millionen im Jahr 2019.

Allein im September 2022 haben die EU-Länder Humpert zufolge LNG im Wert von fast 1 Milliard Dollar eingekauft. Und die Nachfrage nach LNG in der EU werde im Jahr 2023 wahrscheinlich weiter steigen. Dabei habe der Ansturm auf die LNG-Lieferungen bereits zu umfangreichen Staus an den europäischen Regasifizierungs-Terminals geführt, an denen die LNG-Tanker ihre Fracht entladen können. Am stärksten seien die Einfuhren von LNG in Spanien, Frankreich und Portugal gestiegen.

Wie Humpert erklärt, bedeutet das Fehlen eines Pipelinesystems, das Spanien mit anderen europäischen Ländern verbindet, auch, dass Länder wie Deutschland das Gas, das in Spanien in Form von LNG ankommt, nicht ohne weiteres erhalten können. An Plänen für zusätzliche Pipelines, die Portugal und Spanien mit Frankreich und Deutschland verbinden, würde zwar gearbeitet; sie könnten aber erst in einigen Jahren verwirklicht werden. – Humpert weiter:

«Der weltweite LNG-Markt wird sich in den kommenden Monaten wahrscheinlich deutlich verengen. China kündigte letzte Woche an, den Verkauf von LNG an ausländische Käufer zu stoppen, um die LNG-Abflüsse aus dem Land zu verringern.»

Um die Abhängigkeit von russischem Gas – sowohl von Pipeline- als auch von LNG-Gas – langfristig zu überwinden, muss nach Ansicht von Experten der Verbrauch erheblich gesenkt werden. Entsprechende Pläne der EU sind jedoch für das Jahr 2030 ausgelegt, und so werde Europa vorerst in zumindest geringem Masse von russischem Gas abhängig bleiben, insbesondere in Form von LNG, schliesst Humpert.