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Buchtipp: «Tamtam und Tabu»

Published On: 4. Dezember 2022 0:20

Veröffentlicht am 4. Dezember 2022 von AS.

Seit dem Februar dieses Jahres ist der Ukraine-Krieg wieder in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit geraten. Mitunter ist gar von einer «Zeitenwende» die Rede. Es scheinen sich mediale Phänomene zu wiederholen wie jene 1990 im Zuge der deutschen Wiedervereinigung.

Damals, so eine These des Buches «Tamtam und Tabu» von Daniela Dahn und Rainer Mausfeld, sei die öffentliche Meinung in sehr kurzer Zeit und mit «grossem Tamtam» zugunsten westlicher Interessen gedreht worden.

Dahn und Mausfeld beschäftigen sich im Buch mit den Meinungsmanipulationen und was jene Wende mit dem Ukraine-Krieg verbindet. Ihr Ziel ist es, Zusammenhänge dieser beiden Ereignisse zu finden.

Das Standardmodell der heutigen kapitalistischen Demokratien sei eine Elitendemokratie. Um die Herrschaft weniger über viele zu rechtfertigen, müsse man neben der physischen Macht auch die psychologische Macht erklären:

«Wer über Mittel verfügt, mit denen sich auf der Klaviatur des menschlichen Geistes so spielen lässt, dass Meinungen und Affekte in geeigneter Weise gesteuert werden können, verfügt über einen Einfluss, der kaum noch als Macht erkennbar ist (…).»

Im Verlaufe der Ereignisse von 1989/90 sei es den Eliten mit sozialtechnologischen Mitteln gelungen, die Einstellungen und das Verhalten einer ganzen Bevölkerung auf den Kopf zu stellen. Dabei stelle sich eine grundsätzliche Frage nämlich, wie freie Wahlen nicht nur formal, sondern auch psychologisch frei sein könnten.

Damit meinen die Autoren Wahlen ohne Desinformation, Panikmache und Heilsversprechen und auf rationalen Urteilen basierend:

«Kann es in einer Gesellschaft, deren grosse Medien von parteipolitischen Repräsentanten ökonomischer Machtgruppen kontrolliert werden oder mehrheitlich im Besitz von Privateigentümern sind, die Geld sehen wollen, überhaupt psychologisch freie Wahlen geben?»

Komplementäre Ergänzung

Das Buch zeichnet sich durch zwei verschiedene, aber komplementäre Zugangsweisen aus. Dahns Beitrag geht zur Wende zurück. Mit punktuellen Quellenanalysen zeigt sie, wie durch mediale Darstellung der öffentliche Debattenraum beeinflusst wurde, um mit dem Projekt der Wiedervereinigung westliche Macht- und Kapitalinteressen durchzusetzen.

Als empirisches Anschauungsmaterial dient Dahn zum Beispiel die Berichterstattung der Bild-Zeitung. Aber nicht nur der Boulevard habe sich Desinformationen bedient. Auch der Spiegel habe sich solche Methoden zu eigen gemacht. Allgemein seien die Massenmedien ein Stimmungsbeeinflusser der Bevölkerung gewesen, je nachdem, wie der Wind politisch gerade drehte.

Mausfeld bedient eine abstraktere Perspektive und untersucht, wie die westliche Ideologie darauf abzielt, kräftige Illusionen eines versprochenen Paradieses zu erzeugen. Als typische Herrschaftstechniken in einer kapitalistischen Demokratie betrachtet er die Spaltung der Gesellschaft und die Indoktrination.

Mausfeld erinnert daran, dass die egalitäre Demokratie eine zivilisatorische Leitidee der Aufklärung war, eine radikale Vergesellschaftung von Herrschaft, so dass die Machtunterworfenen ungeteilt über ihre eigene gesetzgebende Souveränität verfügen.

Dahns und Mausfelds Beiträge werden durch Gespräche zwischen den beiden Autoren besprochen und vertieft. Auf diese Weise können sie die Kontinuität aufzeigen, mit der die öffentliche Meinung manipuliert wird und transferieren die Befunde der Wendezeit in die Gegenwart, hin zum Ukraine-Krieg.

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Zu den Autoren:

Daniela Dahn war zunächst Fernsehjournalistin, seit 1981 ist sie Schriftstellerin und Publizistin. Sie hat die Wiedervereinigung in Büchern kritisch begleitet. Gastdozenturen führten sie in die USA und nach Grossbritannien. Ihre Themen sind auch die globale Bedrohung der Demokratie und des Friedens. Sie ist Trägerin unter anderem des Fontane-Preises, des Kurt-Tucholsky-Preises für literarische Publizistik und des Ludwig-Börne-Preises.

Rainer Mausfeld ist Professor an der Universität Kiel und hatte bis zu seiner Emeritierung den Lehrstuhl für Wahrnehmungs- und Kognitionsforschung inne. Mit seinen Vorträgen (unter anderem «Wie werden Meinung und Demokratie gesteuert?» und «Die Angst der Machteliten vor dem Volk») erreicht er Hunderttausende von Zuhörern. Sein Bestseller «Warum schweigen die Lämmer?» erschien 2018 im Westend-Verlag.

Buch-Hinweis:

Daniela Dahn, Rainer Mausfeld: Tamtam und Tabu. Meinungsmanipulation von der Wendezeit bis zur Zeitenwende. Westend, 2022. 240 S., 12,00 €. ISBN 978-3-86489-915-7. Auch als e-Book erhältlich.
Weitere Infos und Bestellung hier.

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