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Deutschlands Lektionen für die Zukunft

Published On: 17. Dezember 2022 0:08

Veröffentlicht am 17. Dezember 2022 von LK.

Liana Fix und Thorsten Benner befassen sich in der Zeitschrift Foreign Affairs mit der Frage, wie sich Deutschland aus der Abhängigkeit von Russland und von China befreien kann. Die Deutsche Liana Fix ist Associate Fellow der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und Autorin des Buchs «Germany’s Role in European Russia Policy: A New German Power?». Zudem ist sie Programmleiterin im Bereich Internationale Politik der Körber-Stiftung mit Fokus auf Russland und Osteuropa. Thorsten Benner ist ein deutscher Politologe sowie Mitbegründer und Direktor des Non-Profit-Thinktanks Global Public Policy Institute (GPPi) in Berlin. – Wir geben diesen Artikel vom 15. Dezember 2022 auszugsweise und in deutscher Übersetzung wieder.

Als Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident und ehemaliger Aussenminister Deutschlands, im November 2022 den Kissinger-Preis erhielt, gab er eine ehrliche Einschätzung der aussenpolitischen Versäumnisse seines Landes (und seiner eigenen). Da sich die Welt verändert habe, so Steinmeier, «müssen wir uns von alten Denkweisen und Hoffnungen verabschieden einschliesslich der Vorstellung, dass wirtschaftlicher Austausch zu politischer Konvergenz führen wird». Berlin müsse in Zukunft aus der Vergangenheit lernen und «einseitige Abhängigkeiten» nicht nur von Russland, sondern auch von China abbauen, so Steinmeier.

Angesichts des Krieges in der Ukraine würden nur wenige deutsche Politiker der Aussage widersprechen, Berlin müsse seine Energieabhängigkeit von Moskau verringern. Tatsächlich hat die deutsche Regierung dies bereits getan. Und zumindest verbal verspricht die deutsche Führung, die wirtschaftliche Abhängigkeit des Landes von China ebenfalls zu verringern.

«Da sich China verändert, muss sich auch die Art und Weise ändern, wie wir mit China umgehen», argumentierte Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Gastbeitrag für Politico im November. In einem Beitrag für das Magazin Foreign Affairs plädierte er ausserdem für eine «neue strategische Kultur» als Teil der deutschen Zeitenwende in der Aussenpolitik. Diese hatte er nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine angekündigt.

«Bislang hat Scholz jedoch gezögert, den Status Quo mit Peking zu verändern – nicht zuletzt, weil Russlands Krieg und die hohen Energiepreise der deutschen Wirtschaft zu schaffen machen. Grosse deutsche Unternehmen, die stark vom chinesischen Markt abhängig sind, wollen ihre Aktivitäten ausbauen statt sie zu reduzieren.»

Da die wirtschaftlichen Beziehungen zu China jedoch so eng und komplex sind – enger als im Falle Russlands – muss Berlin energisch handeln, um die Abhängigkeit von Peking zu verringern. Insbesondere das Risiko eines Krieges um Taiwan macht Deutschland anfällig für wirtschaftlichen Zwang und Finanzkollapse. Im kommenden Februar wird die deutsche Regierung ihre erste nationale Sicherheitsstrategie lancieren.

Kurz vor dem ersten Jahrestag des russischen Einmarsches in der Ukraine ist dies die Chance für Berlin, zu zeigen, dass es die richtigen Lehren aus dem katastrophalen Scheitern seines bisherigen Vorgehens gegenüber Russland gezogen hat. Es ist an der Zeit, dass Deutschland einen Plan vorlegt, um die Abhängigkeit von China zu verringern, indem es seine Handels- und Investitionsbeziehungen diversifiziert und sich bei kritischen Technologien selektiv von China abkoppelt.

Lehren aus der Geschichte

Die Vereinigten Staaten und Deutschland haben aus dem Ende des Kalten Krieges unterschiedliche Lehren gezogen. So gingen die USA aus der Konfrontation mit der Überzeugung hervor, dass Präsident Ronald Reagans Ansatz «Frieden durch Stärke» und ein beschleunigtes Wettrüsten die Sowjetunion zu Verhandlungen zwangen. Deutschland war nach dem Kalten Krieg indes davon überzeugt, dass Engagement und Bundeskanzler Willy Brandts «Wandel durch Annäherung» (später «Wandel durch Handel» genannt) das Erfolgsrezept waren, um die Ost-West-Spaltung durch politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu überwinden, was zu positiven innenpolitischen Veränderungen im Sowjetblock führte.

Die Idee des «Wandels durch Handel» überdauerte das Ende des Kalten Krieges und blieb ein einflussreiches Konzept in Bonn und Berlin. Für eine Generation deutscher Politiker war dies ein Rahmen, der das Engagement in nicht-demokratischen Ländern wie China und Russland im Streben nach wirtschaftlichen Gewinnen mit der Möglichkeit verband, diese Länder in Demokratien zu verwandeln.

Im Jahr 2006, als Steinmeier noch Aussenminister von Bundeskanzlerin Angela Merkel war, stellte er das Konzept des «Wandels durch Verflechtung» vor: Im Wesentlichen würde Berlin durch die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen von Handels- und Energiepartnerschaften die Verflechtung Russlands mit Europa «unumkehrbar» machen, heisst es in einem Strategiepapier des deutschen Aussenministeriums.

Infolgedessen würde Moskau von Fehlverhalten absehen, weil die Kosten zu hoch wären. Schliesslich sei Russland von den Einnahmen und Technologien aus Deutschland und anderen europäischen Ländern noch stärker abhängig als Deutschland und seine Nachbarn von russischem Gas und Öl.

Die Grenzen der Theorie, dass wirtschaftliche Interdependenz den Kreml davon abhalten würde, internationale Normen zu brechen, wurden schnell deutlich. Im Jahr 2008 marschierte Russland in Georgien ein. 2014 annektierte es die Krim. Im Vorfeld des russischen Einmarsches in die Ukraine im Februar 2022 waren deutsche Politiker der Ansicht, dass die wirtschaftlichen Kosten für Russland zu hoch seien, um einen Grossangriff auf die Ukraine zu wagen und die Regierung in Kiew zu stürzen. Dies war natürlich eine fatale Fehleinschätzung, da man die ideologische Radikalisierung des russischen Präsidenten Wladimir Putin unterschätzt hatte.

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