«auf-die-schweizer-gerichte-ist-nicht-verlass»«Auf die Schweizer Gerichte ist nicht Verlass»
das-andere-«wort-zum-sonntag»-oder:-die-sehnsucht-der-«kleinen-minderheit»Das andere «Wort zum Sonntag» oder: Die Sehnsucht der «kleinen Minderheit»
aufarbeitung-der-coronazeit-–-spaltung-oder-versoehnung?

Aufarbeitung der Coronazeit – Spaltung oder Versöhnung?

Published On: 5. März 2023 0:06

Veröffentlicht am 5. März 2023 von Red.

In den letzten drei Jahren der Corona-Krise war es sehr beliebt, die Massnahmenkritiker mit allerlei unschönen Attributen zu belegen. Einige waren vielleicht noch ironisch gemeint, andere bewusst ausgrenzend und schwer verletzend. Nun wendet sich das Blatt. Die Frage ist jedoch, ob im einfachen oder doppelten Sinn.

Einfach sicherlich insofern, dass bei immer mehr Massnahmen deutlich wird, dass sie nicht gewirkt haben oder sogar schädlich waren. Aber auch im doppelten Sinn, dass nun die Massnahmenkritiker sprachlich über diejenigen herfallen, die sie zuvor gepeinigt haben? Was wird die Zukunft bringen? Eine endgültige Spaltung der Gesellschaft oder eine Versöhnung?

Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein

Im Johannes-Evangelium, Kapitel 8, Verse 1-11 wird über die Begegnung Jesu mit einer Ehebrecherin berichtet. Dies war im Judentum ein sehr schweres Vergehen. Die beim Ehebruch ertappte Frau hatte nach Ansicht der damaligen religiösen Elite den Tod durch Steinigung verdient. Nun wollen die religiösen Führer die Ansicht von Jesus dazu hören.

Natürlich soll dies eine Falle für Jesus sein. Sollte er, der barmherzig gegenüber den Sündern auftrat, hier wirklich den Tod fordern? Tut er dies jedoch nicht, dann würde er sich gegen das Gesetz stellen. Jesus antwortet ganz anders als erwartet (Vers 7b): «Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.» (1)

In der Folge verlassen alle Umstehenden den Ort des Geschehens, ohne dass auch nur einer einen Stein geworfen hat. Dann spricht Jesus mit der Frau. Da sie niemand verdammt hat, verdammt er sie ebenso wenig. Aber er heisst ihre Tat weder gut noch verharmlost er sie. Es war falsch, was sie getan hat, und er fordert sie auf, in Zukunft anders zu handeln.

Die Corona-Krise und das Leid

Leid ist immer persönlich und deshalb nur schlecht gegeneinander aufzurechnen. Die einen sind im Grossen und Ganzen gut durch diese Zeit gekommen, obwohl sie Massnahmengegner waren.

Andere haben sehr viel Leid erleben müssen, von Ausgrenzungen und Arbeitsplatzverlusten über die Trennung von Freunden oder Familienangehörigen, die den Widerstand nicht mittragen konnten, bis hin zu Existenzvernichtungen, schweren psychischen Schäden oder sogar Todesfällen in der Familie. Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Für viele war es schlimmer kaum denkbar.

Der Bumerang

Dass die Massnahmen, die sich als unwirksam herausgestellt haben, noch verteidigt werden mit dem Argument, es sei immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt worden, klingt in den Ohren der Massnahmenkritiker zu Recht wie Hohn.

Denn es gab über die ganze Zeit der sogenanntne «Pandemie» genügend kritische Stimmen, auf die aber nicht gehört wurde. Die Verantwortlichen wussten, was sie taten und wie dies die jeweilige Gesellschaft spalten würde.

Insofern ist es menschlich verständlich, dass nun der Bumerang zurückkommt und die Institutionen trifft, die für die Massnahmen verantwortlich waren oder die sie mitgetragen haben, also zum Beispiel die Politik, die Mainsteammedien, die Wissenschaften, die Polizei, die Gerichte, die Kirchen.

Dabei wird verbal oft sehr schnell der Stab über Menschen gebrochen, ohne sie selbst oder ihre Umstände wirklich zu kennen. Und dies ist auch leicht, vor allem, wenn man seine wahre Identität in Kommentaren hinter einem Nickname verbergen kann.

Dringende, schonungslose Aufarbeitung

Die Massnahmen der letzten drei Jahre waren keine Bagatellen. Sie haben Menschen nicht nur unnötig Grundrechte genommen, sondern sie teilweise existenziell zerstört. Deshalb ist Aufarbeitung nötig, auch gerichtlich. Und Menschen, welche die Massnahmen verantwortlich mitgetragen haben, müssen nun auch Verantwortung für ihre Taten übernehmen.

Einfache, billige Entschuldigungen werden nicht reichen, vielfach werden ein Neubeginn und die Basis für ein neues Vertrauen nur durch die Niederlegung des Amtes möglich sein. Neues Vertrauen aufzubauen, wird lange dauern. Viele werden sich wahrscheinlich gar nicht mehr erreichen lassen.

Die Gefahr einer dauerhaften Spaltung der Gesellschaft

Anfang März sind in Deutschland weitere Schutzvorschriften, wie zum Beispiel Testpflichten gefallen. Nach einer neuen Umfrage wollen aber trotz der neuen Freiheiten eine grosse Anzahl Menschen vorsichtig bleiben und sich freiwillig in bestimmten Situationen testen lassen oder Masken tragen. (2)

Unabhängig davon, wie repräsentativ diese Umfrage nun ist oder nicht, selbst das Ende aller Massnahmen bedeutet nicht, dass alle Menschen plötzlich Massnahmengegner geworden sind. Die Gesellschaft bleibt also gespalten und zwar in hohem Masse.

So gibt es für beide Seiten zwei Möglichkeiten. Es wird entweder an der Überwindung der Spaltung der Gesellschaft gearbeitet oder die Spaltung wird sich verfestigen. (3) So schreibt Friedrich Pürner mahnend:

«Meine Befürchtung ist, dass es in beiden Lagern extreme Menschen mit extremen Einstellungen gibt ‒ und diese Menschen haben gar nicht die Absicht, mit der anderen Seite zu diskutieren. Sie wollen es brennen sehen.» (4)

Ein Vorgehen in Weisheit

Kritik ist berechtigt, Fehler müssen klar benannt werden, aber Aggression, Hass und Bitterkeit sind der falsche Weg. Sie zerstören auf Dauer nur einen selbst, weil sie zu einer Unversöhnlichkeit führen. Die nächsten Wochen und Monate werden entscheidend dafür sein, wie es gesellschaftlich weitergeht.

So wichtig das Drängen auf eine Aufarbeitung des Unrechts in der Coronazeit ist, so dringend ist es auch, bei diesem Anliegen mit Umsicht und Weitsicht vorzugehen. In aller Schärfe und Härte Aufarbeitung und Bestrafung zu fordern, mag sachlich richtig sein, wird aber vielfach zu weiterer Verhärtung der Seiten führen.

Eine gespaltene Gesellschaft ist ebenfalls keine Bagatelle. Jesus sagt im Matthäus-Evangelium, Kapitel 12, Vers 25 zusammenfassend: Jedes Reich, jede Stadt, jedes Haus, das in sich gespalten ist, wird verwüstet und bleibt nicht bestehen.

Jesus spricht hier nicht von einem kleinen Riss, sondern von einem Zerbrechen und einem Nichtbestehenbleiben. Schlimmer können die Folgen nicht sein! Eine gespaltene Gesellschaft wird deshalb auf Dauer zu sehr viel grösseren Problemen führen als die Corona-Krise. Auch das sollte bedacht werden.

Die Macht der Sprache

Wenn die Spaltung der Gesellschaft überwunden werden soll, dann muss wieder aufeinander zugegangen werden. Und dazu gehört zuallererst eine angemessene Sprache.

Im Buch der Sprüche, Kapitel 18, Vers 21 steht nicht umsonst, dass Tod und Leben in der Macht der Zunge stehen. Es ist der falsche Weg, wenn wir uns an die Verrohung von Sprache gegenüber Andersdenkenden gewöhnen.

Wir sollten besser handeln. Selbst wenn es dabei nur um Kommentare in den sozialen Medien oder auf den Webseiten geht. Pürner kritisiert im Hinblick auf die Sprache der Massnahmengegner beispielhaft die benutzten Wörter «Giftspritze», «Massenmord» oder «Massentötung» (5), wenn es um die Impfung gegen Corona geht.

Natürlich kann ich auch mit viel weniger drastischen Worten die andere Seite blossstellen. Ironie tut es auch, manchmal ist sie sogar noch wirksamer. Entscheidend ist jedoch, dass beide Seiten ihre Sprachwahl überdenken.

Jesus hatte einen sehr hohen Massstab. Im Matthäus-Evangelium, Kapitel 5, Vers 22 ist derjenige der Hölle verfallen, der seinen Bruder mit «More!» bezeichnet. Das Wort bedeutet entweder «Idiot» oder vielleicht auch «Gottloser», also «Verdammter». Wobei dies alles Titulierungen sind, die heutzutage lächerlich harmlos klingen.

Die eigenen Abgründe erkennen

In der Corona-Krise auf der Seite der Kritiker gewesen zu sein, beinhaltet trotz aller leidvollen Erfahrungen auch positive Aspekte. Man hat zum Beispiel die Gefahr der Impfungen erkannt und sich ihnen nicht ausgesetzt.

Man hat vor den Drohungen des Staates nicht kapituliert, sondern Widerstand geleistet. Man hat sich von den Mainstreammedien nicht manipulieren lassen. Man hat, wenn man so will, den Durchblick gehabt.

Aber das heisst nicht, dass dies in der nächsten Krise auch so sein wird. Und das heisst schon gar nicht, dass man bis zu seinem Lebensende immer auf der Seite der «Richtigen» sein wird.

Denn niemand ist grundsätzlich davor gefeit, irgendwann einmal von der Seite der Opfer auf die Seite der Täter zu wechseln. Und wenn dies auch erst im Nachhinein erkennbar sein sollte. Dies macht das Experiment «Die Welle» von Ron Jones mehr als deutlich. (6)

Dankbarkeit für die richtige Einsicht

Den Durchblick in der Coronakrise gehabt zu haben, sollte jeden mit Dankbarkeit erfüllen. Das ist nicht selbstverständlich. Natürlich gibt es auch Menschen, die diesen Durchblick hatten, aber entgegengesetzt gehandelt haben. Schon 1Mose 8,21 nennt die Abgründe jedes menschlichen Herzens.

Wenn uns jedoch die demütige Einsicht bestimmt, selber fehlerhaft zu sein und zu schweren Fehlern fähig zu sein, dann ist es leichter möglich, auch nach der schlimmen Coronazeit wieder auf Andersdenkende zuzugehen. Ohne Vergebung und Versöhnung wird es nicht gehen. Wobei immer bedacht werden sollte, dass Vergebung nicht die Rechtfertigung der Taten des anderen bedeutet, so wie es die Geschichte von Jesus und der Ehebrecherin aufzeigt.

*************

Autorenangaben:

Dr. theol. Holger Heydorn arbeitete zunächst für mehrere Jahre in einem biochemischen Labor. Danach studierte er evangelische Theologie in Bethel/Bielefeld und Giessen. Daran schloss sich eine Promotion in den Niederlanden an. In seiner Doktorarbeit untersuchte er den Zusammenhang von Leib, Seele und Geist beim Menschen.

Anmerkungen:

(1) Übersetzung nach Evangelische Kirche in Deutschland, Hg., «Die Bibel: Nach der Übersetzung Martin Luthers», revidierte Fassung 1984, Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1985.

(2) Anonym/dpa, «Corona: Viele wollen vorsichtig bleiben: Am Mittwoch enden weitere Schutzvorschriften ‒ Jeder Zweite will sich laut Umfrage bei Infektion selbst isolieren», Neue Osnabrücker Zeitung, 56. Jahrgang, Nr. 49, 27.02.2023, Seite 1.

(3) Eine kleine Anmerkung sei mir als einem «freien» Theologen, der weder für die Landeskirchen arbeitet noch bei einer Freikirche angestellt ist, hier gestattet. Ich sehe es mit grosser Sorge, mit welcher Vehemenz teilweise Kirche insgesamt oder bestimmte Kirchen inklusive der Christen aufgrund ihrer Haltung in der Coronakrise «verdammt» werden. Ich selber kenne die vielfältigen Probleme der evangelischen Landeskirche aus eigener Erfahrung, nicht erst seit ihrem vielfältigen Versagen in der Coronazeit, sondern seit Jahrzehnten, weil ich mit ihr aufgewachsen bin. Aus diesem Grund habe ich eine alternative theologische Ausbildungsstätte gewählt, welche die evangelische Landeskirche nicht anerkennt, sodass ich im Ausland promovieren musste. Ich bin also frei davon, irgendeine der Kirchen verteidigen zu müssen. Kritik an den Handlungen der Kirchen zu üben, ist völlig in Ordnung. Ebenso kann ich es verstehen, wenn Menschen sagen, dass sie aus dem einen oder anderen Grund in einer Kirche kein Mitglied mehr sein können. Keiner von uns hat jedoch Einblick in alle Gemeinden und kann sich ein abschliessendes Urteil darüber erlauben, wo der «Geist Gottes» noch weht und wo nicht. Ich kenne zum Beispiel auch eine Reihe von Christen, die seit Beginn der Krise Gegner der Massnahmen waren. Deshalb steht aus meiner Sicht ein Verdammungsurteil über Kirche an sich oder Christen allein Gott selbst zu und nicht einem Menschen. Dies bestätigt Jesus in Matthäus 7,1, indem es um ein endgültiges Urteil über einen Menschen geht: «Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!».

(4) Friedrich Pürner, «Gestorben wurde einsam und allein», Tichys Einblick, Ausgabe 03/2023: «Die Corona Abrechnung ‒ Die Verantwortlichen, die Ausreden. Die Schäden und Folgen», Seite 18-24, hier S. 24.

(5) Friedrich Pürner, «Gestorben wurde einsam und allein», S. 23.

(6) Siehe zum Beispiel Marcus Klöckner und Jens Wernicke, «‹Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen.›: Das Corona-Unrecht und seine Täter», 4. Auflage, München: Rubikon, 2022, S. 17-18.

«auf-die-schweizer-gerichte-ist-nicht-verlass»«Auf die Schweizer Gerichte ist nicht Verlass»
das-andere-«wort-zum-sonntag»-oder:-die-sehnsucht-der-«kleinen-minderheit»Das andere «Wort zum Sonntag» oder: Die Sehnsucht der «kleinen Minderheit»