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Ein gescheitertes Experiment: Treibstoffe aus Pflanzen

Published On: 13. März 2023 10:20

Pascal Derungs /  Die Agrarfläche, welche für europäische Kraftstoffe genutzt wird, könnte täglich 120 Millionen Menschen ernähren.

5,3 Millionen Hektaren Land dienen derzeit EU-weit dem ausschliesslichen Anbau von Raps, Mais oder Zuckerpflanzen, aus denen Agrar-Kraftstoffe für den motorisierten Verkehr und stationäre Anwendungen gewonnen werden. Die Branche spricht beschönigend von «Bio»-Treibstoffen, obwohl diese mit biologischem Anbau nichts zu tun haben. 

Auf den 5,4 Millionen Hektaren Fläche könnten Pflanzen angebaut werden, die den Kalorienbedarf von 120 Millionen Menschen decken. Es wäre mehr als genug, um den Bedarf der 50 Millionen Menschen abzudecken, von denen die Vereinten Nationen sagen, dass sie sich «in Notlage oder schlimmerem Ausmass akuter Ernährungsunsicherheit» befinden. Das zeigt eine neue Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU) im Auftrag der NGO Transport&Environment (T&E).

Agrar-Treibstoff ist weder effizient noch nachhaltig

Die Studie quantifiziert zum ersten Mal die enormen Opportunitätskosten in ganz Europa, die durch Nutzung von Millionen Hektar fruchtbarer Ackerflächen für die Produktion von Agrar-Kraftstoffen entstehen. Nicht einmal die CO2-Belastung wird reduziert:

  • Würde diese Anbaufläche der Natur unbearbeitet zurückgegeben, würde doppelt so viel CO2 absorbiert, wie angeblich durch den Antrieb von Autos mit Agrar-Kraftstoffen, die fossile Brennstoffe ersetzen, eingespart wird. 
  • Für eine CO2-Reduktion noch weitaus effizienter wäre die Nutzung des Landes für Solarparks. Dadurch könnte – im Vergleich mit den Agrar-Kraftstoffen – der 40fache Energieertrag gewonnen werden. 

Die Ergebnisse seien eindeutig, folgert die NGO T&E. Dieses Land könnte viel besser genutzt werden, um den Klimawandel einzudämmen, den Verlust der biologischen Vielfalt einzudämmen oder die globale Ernährungssicherheit zu erhöhen. 

Die EU-Agrarpolitik sorgt für Fehlanreize 

Im Jahr 2009 führte die Europäische Union EU im Rahmen ihres «Ökokraftstoffgesetzes» die «Erneuerbare-Energien-Richtlinie» (RED) ein, um Agrar-Treibstoffe zu fördern. Der damalige Vorschlag war attraktiv: Bauern sollten bei der Produktion von «grünen Kraftstoffen»  unterstützt werden. Doch heute sei klar, bilanziert T&E, dass Agrar-Kraftstoffe sowohl die Ernährungssicherheit beeinträchtigen als auch den Klimaschutz behindert haben. 

«Das Dümmste, was je gefördert wurde»

Maik Marahrens, Biokraftstoffexperte bei T&E, sagt: «Biokraftstoffe sind ein gescheitertes Experiment. Weiterhin Lebensmittel als Brennstoff zu verbrennen, während die Welt mit einer wachsenden globalen Nahrungsmittelkrise konfrontiert ist, ist grenzwertig kriminell. Als Reaktion darauf diskutieren Länder wie Deutschland und Belgien die Begrenzung von Biokraftstoffen für Nahrungsmittelpflanzen. Der Rest Europas muss diesem Beispiel folgen.» 

Sein Fazit ist deutlich: «Pflanzen-Biokraftstoffe sind wahrscheinlich das Dümmste, was jemals im Namen des Klimas gefördert wurde». Auch Julie Bos, Beraterin für EU-Klimagerechtigkeit bei der unabhängigen Entwicklungsorganisation Oxfam, übt scharfe Kritik: «Die Biokraftstoffpolitik der EU ist eine Katastrophe für Hunderte Millionen Menschen, die Schwierigkeiten haben, ihre nächste Mahlzeit zu finden. Sie verschwendet nicht nur riesige Teile des Ackerlandes für den Autoverkehr, sondern treibt auch die Lebensmittelpreise noch weiter in die Höhe». 

T&E bringt auch das Argument der Biodiversität ins Spiel. Die EU habe sich in ihrem Naturschutzgesetz Ziele gesetzt, um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen und umzukehren. Da Rohstoffe für Agrar-Treibstoffe einen grossen Teil der europäischen Anbauflächen einnähmen, könnte zur biologischen Vielfalt wesentlich beitragen, wenn keine fruchtbaren Flächen mehr für Agrar-Treibstoffe verwendet würden. 


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

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