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Vorsicht, staatliche Schule!

Published On: 10. April 2023 0:03

Veröffentlicht am 10. April 2023 von Red.

«Ausbildungssysteme sind nicht entwickelt worden, um echtes Wissen zu vermitteln, sondern um das Volk dem Willen der Herrschenden gefügig zu machen», schrieb Bertrand Russell schon 1922. Auch heute vertreten Kritiker die Meinung, dass Schulen in erster Linie Indoktrinationsstätten seien. Kritisches Denken sei dort fehl am Platz. Und von wirklicher «Bildung» könne nicht die Rede sein. Ein solcher Kritiker des Schulsystems ist Rudolf Schmidheiny. Weshalb er dem staatlichen Bildungssystem nicht traut, schildert er in seinem Buch «Kinder gehören den Eltern – nicht dem Staat!». Schmidheiny selbst hat seine Kinder den staatlichen Schulen entzogen. Im Folgenden publizieren wir einen Auszug aus seinem Buch.

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«Wäm g’hörsch?» war alles, was der Fahrer der Limousine von mir wissen wollte. Eben hatte ich – nach einem Sprung mit dem Fahrrad über ein Mäuerchen und guter Landung auf der Strasse – übersehen, dass mir ein Fahrzeug entgegenkam. Das Fahrzeug war vom vorderen Kotflügel über zwei Türen bis zum hinteren Kotflügel von Pedal und Lenkstange meines Fahrrads gezeichnet.

Auch hielt ich eine abgebrochene Autoradio-Antenne in meiner Hand. Mit finsterer Miene stieg der Wirt des im weiten Umkreis bekannten Aussichtsrestaurants aus seiner schweren, amerikanischen Plymouth-Limousine. Ungehalten herrschte er mich an: «Wäm g’hörsch?» – Mit zitternder und schwankender Stimme machte ich Angaben darüber, wer meine Eltern seien.

Mein Vater war ein ortsbekannter Handwerksmeister. Das genügte. Der wackere Herr wusste, wem er die Reparaturrechnung zustellen würde, und damit setzte er sich zurück ans Steuer und brauste ab. – Man schrieb das Jahr 1962.

Es vergingen zweieinhalb Jahrzehnte, bis ich mich in meinem Leben zum ersten Mal nach Antworten auf die Frage umsah, wem Kinder eigentlich gehörten. Nach alter Dorftradition wurden Kinder nie nach ihrem Vor- oder Familiennamen gefragt, sondern danach, wem sie gehören. Die Absicht war, stets zu erfahren, zu welcher Familie ein Kind zu zählen war. Deshalb wurde allenthalben gefragt: «Wäm g’hörsch?» Warum das so war, fragte niemand. Es war einfach so.

Ich war inzwischen selbst vierfacher Vater und unser Ältester ging als ABC-Schütze zur Schule. In der Vorstellung, Lehrerschaft und Schule seien schlechthin darauf angewiesen, in Bildungs- und Erziehungsaufgaben mit Eltern am gleichen Strang zu ziehen, hatte ich mich 1986 auf eine vakante Stelle der örtlichen Laien-Schulbehörde wählen lassen. Ich wollte meinen Beitrag zum allgemeinen Nutzen der Quartiergemeinschaft leisten.

Anlässlich der ersten Behördensitzung wurde ich als Neuling begrüsst und aufgenommen. Eine alteingesessene Kollegin wollte es nicht versäumen, mich während einer kleinen Pause auf Gepflogenheiten innerhalb des Gremiums aufmerksam zu machen: nämlich die Höhe der Sitzungsentgelte zu steuern.

Da Entgelte nach Sitzungsdauer vergütet würden – ich war noch unwissend, und der Überzeugung, dass ich ehrenamtlich dort sass – sollte man stets dazu vorbereitet sein, den Sitzungsschluss gegebenenfalls mit ein zwei Fragen hinauszuzögern und so das Sitzungsentgelt auf die nächst höhere Tarifstufe zu heben.

Kooperation wurde von den Schulpflegern, wie wir genannt wurden, im Sinne kollegialer Zusammenarbeit erwartet. Doch eigentlich sass ich da, um die Interessen der Elternschaft zu vertreten, nicht um Sitzungsgelder zu erschleichen. Dies sollte sich für mich bald einmal als Schwierigkeit erweisen. Mittels einer durch die Oberbehörde veranlassten Umfrage wurden wir als Schulpfleger befragt, welche weiteren Massnahmen wir für nötig und möglich erachteten, dass «die Kinder sich in der Schule besser zu Hause fühlten».

Aufgrund meines Einwands, ob denn ein Kind nicht überfordert werde, wenn es seine Loyalität zwischen seinem Elternhaus und der Schule teilen müsse, wurde ich verbal kalt gestellt… Trotz dieser und weiterer ernüchternder Erfahrungen merkte ich es nicht gleich, dass engagierte Eltern die grössten Störfaktoren eines «geordneten Schulbetriebs» sind.

Eine unsichtbare Agenda, mit dem Ziel, Kinder dem Elternhaus, der elterlichen Autorität zu entwöhnen, dafür aber an staatliche Bevormundung zu gewöhnen, schien den Schulbetrieb zu bestimmen. Ich tappte noch im Dunkeln, als unser Sohn die erste Lesefibel nach Hause brachte.

Die bunten, kindgerechten Bilder lenkten vom subversiven Textinhalt ab. Unser Kind hatte aber gemerkt, dass am Text etwas verkehrt war. Ich war blind, denn obwohl ich durchlas, was da stand, nahm ich den Inhalt nicht wahr, während unser Kind ‹etwas› gemerkt hatte und sein Unbehagen nicht ablegen konnte.

Ich sah mich veranlasst, den Text ein weiteres Mal durchzugehen, und jetzt fiel der Groschen: Hier wurde gegen die Familie gehetzt, und zwar so offenkundig, dass man, geblendet von farbigen Bildern und Originalität, die Absicht des Autors leicht übersehen konnte. –

Die 16-seitige Farbbroschüre, das erste Heft einer fünfteiligen Reihe von Erstlesefibeln, war kein Ausreisser. Die Folgehefte brachten mich als Vater genauso in Aufruhr wie das erste. War das möglich, dass die Schule Elternschaft und Familie derart unterwandert? Wem gehören meine Kinder? Wer darf sie gegen mich aufbringen? – Hatte ein alter Freund zu Recht gewarnt, Lehrmitteln neueren Datums (ab ca. 1975) nicht zu trauen?

Die gestandene Lehrerin unseres Schülers war von meinem väterlichen Interesse an den Inhalten der Erstleseschriften äusserst überrascht. Sie hätte gar nicht über den Inhalt des Lesestoffs nachgedacht, meinte sie. (1) Auf 14 Seiten dieses Erstlesehefts für die erste Klasse wurden die Schüler mit herbstlichen Themen an die sieben Wochentage herangeführt. Jeder einzelne Wochentag stand als Titel über den sieben Textseiten, die auf den jeweils gegenüberliegenden Seiten ansprechend bebildert waren.

Unsere Lehrerin rühmte die Einfachheit des Textes, die Leserlichkeit der gewählten Schriftart und vor allem den wiederkehrenden Satz, den schliesslich alle Schüler auswendig lernen würden (2), selbst jene Schüler, die mit diesem ersten Leseheft das Lesen noch nicht zu erlernen vermochten (3).

So sagte die Lehrerin, sie könne Kinder beim Reihum-Lesen, die Geschriebenes noch nicht entziffern könnten, aber den Satz frei aufzusagen gelernt hätten, gezielt aufrufen, um diese immer wiederkehrenden Worte «vorzulesen». So merkten die Mitschüler nichts vom Leseversagen des betroffen Kindes. «Ideal für ein Erstleseheft», lobte die Lehrerin begeistert.

«Was hatte es nun mit diesem Wiederholungssatz auf sich?», mag sich der Leser mittlerweile fragen. Auf den Bildern des Leseheftes erscheint Heinz barfüssig und spitzbübisch. Weil die herbstlichen Tage kühler werden, weist die Mutter den Jungen an, sich wärmer anzuziehen. Die kecke Antwort: «‹Nein›, sagt Heinz und läuft davon.»

Von Montag bis Samstag verlangt die Mutter, dass Heinz Socken, Schuhe, Jacke, Kappe usw. anziehe, mit jedem neuen Wochentag ein anderes Kleidungsstück, und die stets gleiche Antwort des Jungen lernen die Schüler auswendig: «‹Nein›, sagt Heinz und läuft davon.» – Soll meinem Kind eine solche Haltung als erste Lese-Erinnerung in dessen feinfühligem Herzen eingeprägt werden? Ist das der schulische Erziehungsauftrag, Kinder anzuleiten, sich vernünftigen Anweisungen einer Mutter prinzipiell zu widersetzen und davonzulaufen?

Und ist es der Auftrag einer Lehrkraft, noch nicht Gelerntes so zu verschleiern, dass ein Kind glauben lernt, lesen zu können, auch wenn es erst Worte nachsprechen kann? Welchem Kind hilft es denn, wenn es sich in Selbsttäuschung wiegt und durch Erwachsene darin auch noch bestärkt wird? Ist der Druck unter Kindern einer ersten Klasse bereits derart gross, dass es nicht mehr zu seinen Schwächen stehen darf, ohne zur Schau gestellt zu werden? War diese Lernpraxis nicht ein Mittel, Lernen zu verhindern?

Ich war in Alarmstimmung. Doch in meiner Umgebung fand ich weder Verständnis noch Sympathie. Meine Erkenntnis führte in die Isolation. Ich befragte Lehrer und Lehrerinnen, deren Klassen ich behördlich beauftragt besuchte. Was hielten sie von den Lehrmitteln, die sie in Gebrauch hatten?

Was hielten sie von dem allgemein bekannten Autor, der die Erstleseserie geschrieben hatte (4); was von Sprachexperimenten, wie sie nicht nur im Schulbuchtitel «Eledil und Krokofan»t (5) durchexerziert wurden, sondern Teil des Sprachunterrichts waren; was war ihre Meinung zu Hexengeschichten und Zaubersprüchen; und was hielten sie von hässlichen und angsteinflössenden Abbildungen für Sechs- bis Siebenjährige? Was war von Lehrmitteln zu halten, die Eltern verspotten, Kinder zum Lügen und Stehlen ermuntern oder sehr einseitig gelagerte Diskussionen zu Privateigentum initiieren? (6)

Eine Junglehrerin gab an, sie seien während der Ausbildung nie angehalten worden, sich kritisch mit Lehrmitteln und deren Inhalt, den sie an Schüler herantrugen, zu befassen… Unser ältester Sohn absolvierte vier Jahre Zürcher Volksschule, unser zweiter Sohn die erste Klasse ebenfalls mit oben genannten Erstlesefibeln (7) bei der bereits erwähnten Lehrkraft.

Zum Entsetzen der Lehrerschaft und unseres Bekanntenkreises gingen unsere Kinder ab 1990 zu Hause zur Schule. – Wir hatten für unsere Familie die Schulalternative «Bildung zu Hause» ins Leben gerufen. Nicht, weil wir Eltern so etwas gesucht hätten, sondern weil wir es nicht weiter ertragen konnten und auch nicht tatenlos zusehen wollten, wie unsere eigenen Kinder durch den Schulbetrieb entfremdet, gegen uns aufgewiegelt und dem Elternwillen entzogen wurden.

Nein, es waren weder die propagierte Evolutionstheorie noch der unterschwellige Atheismus, nicht die sozialistischen Parolen und auch nicht der Sexualkundeunterricht, es war nicht die Zwangssozialisation durch Herdenführer, es war nicht, weil unsere Kinder zuweilen bedrängt und drangsaliert, dem Gruppendruck ausgesetzt worden waren. Auch die sehr unerfreulichen Auseinandersetzungen innerhalb der Schulbehörde, die zu keinem Ziel führten, waren es nicht, die uns zur Abmeldung von der Volksschule leiteten. Es war die inzwischen gewonnene Überzeugung, dass Kinder den Eltern gehören und nicht dem Staat.

Wir sahen es als unsere Pflicht, die Kinder vor ideologischen Übergriffen durch Zwangsbeschulung zu schützen. Als wir 1990 der Schule den Rücken kehrten, war damit keine Absicht verbunden, eine Bewegung auszulösen. Wir wussten nicht, dass wir lediglich das taten, was an andern Orten der Welt bereits weit verbreitet war. Wir handelten zögerlich und ängstlich, etwa so, wie ich damals schlotternd vor jenem Autofahrer stand und nur zu gut wusste, was ich Dummes angestellt hatte. Dort war die Dummheit bereits Geschichte, als ich mit dem Resultat konfrontiert war. Hier lag die Antwort auf die Frage, ob es ein dummer Entscheid war, den wir als Eltern trafen, noch offen in der Zukunft.

In unserem persönlichen Umfeld gab es keine einzige Stimme, aus der etwas Verständnis laut geworden wäre. Wir betraten innerhalb des deutschsprachigen Europas Neuland und hatten alles und jeden gegen uns. «Tut das euren Kindern nicht an!», warnten Familienangehörige, Freunde, Nachbarn, Kirchenvorsteher, die selber gestandene Lehrer waren, Eltern von Mitschülern unserer Kinder, Lehrer im Schulkreis, Kollegen der lokalen Schulbehörde bis hin zu Amtsleitern der obersten kantonalen Erziehungsbehörde.

Alle sagten: «Tut das bitte nicht!» Waren wir Eltern dabei, eine Dummheit, ein Verbrechen an unsern Kindern zu begehen? Die Antwort liess nicht lange auf sich warten. Es sollte sich erweisen, dass Gegenwind auch genutzt werden kann, um voranzukommen. Unser Projekt nahm Fahrt auf.

Was wir aufgrund eigener Unsicherheit und zur Beschwichtigung unserer Meinungsgegner als «einjährigen Schulversuch» bezeichnet hatten, wurde ein Jahr später zum Familienprojekt. –

Wie anders lernten unsere Kinder zu Hause, sich miteinander zu vertragen statt dreinzuschlagen, willig zu helfen und anzupacken; wieviel mehr (und in weniger Zeit) lernten sie; wieviel harmonischer wurde der Familienalltag zu Hause, wieviel mehr lernten auch die Eltern durch kleine und grössere Herausforderungen, die sie zu meistern hatten; wieviel mehr Zeit verbrachten wir als Familie gemeinsam ! Unsere vier Kinder haben es geschafft, haben sogar mehr geschafft als durchschnittliche Volksschüler. (8)

Unsere Kinder hatten eine sehr liebe Mutter, gelernte mehrsprachige Sekretärin, und einen zuweilen ruppigen Vater, gelernter Koch, als «Lehrer». Die Schulalternative erwies sich – entgegen allen eigenen Befürchtungen und entgegen allen Voraussagen der Unkenrufer – als Erfolg. Der vermeintlich «dümmste Entscheid unseres Lebens» wurde zu dem Lebensentscheid, der es erlaubte, unsere Familiengeschichte selber zu schreiben.

Wir erkannten damals, wie nötig es wäre, dass Eltern ihren Kindern zugut das Heft wieder in die Hand bekämen. Gewöhnung an den staatlichen Schulbetrieb hat Eltern allgemein dazu geleitet, es als Selbstverständlichkeit und gelassen hinzunehmen, wenn ihre Kinder mit subversivem, familien- und gesellschaftskritischem Gedankengut infiltriert werden. Nicht weil Herkömmliches schlecht wäre, wird es in Schulklassen hinterfragt, sondern aus (ideologischem) Prinzip.

Es ist begrüssenswert, dass seit unserem Ausstieg aus der Welt der Zwangsbeschulung weitere Eltern zumindest teilweise kritischer geworden sind, Privatschulen gegründet oder es uns nachgetan haben. Andere suchen – leider ziemlich erfolglos – ihre Unzufriedenheit mit Lehrern, Behörden, Politikern und Reformern in der Öffentlichkeit auszudiskutieren. In der Schweiz haben HarmoS (9) und Lehrplan 21 (10) indirekt dazu beigetragen, Elternanliegen ins öffentliche Bewusstsein zu befördern. Doch zur Grundsatzdiskussion, wem Kinder gehören, reichte es nie. Sie wurde und wird weiterhin verhindert.

War das früher (und bis heute) von den in Politik, Verwaltung und Hochschulen eingedrungenen 68ern so geschickt angegangen und von den Medien vernebelt worden, dass keiner darauf kam, was hinter den Kulissen läuft, dass selbst Lehrer sich nicht bewusst sind, als wessen nützliche Idioten sie missbraucht werden. (11)

Indem ich dieses Buch vorlege, hoffe ich, dass sich das eines Tages, vielleicht schon bald ändern wird. Es hängt weniger von Politik und Medienberichten ab, als von Eltern, die sich entschieden und auf selbstlose Weise für die Wahrheit und für das Wohl ihrer Kinder einsetzen. An den Eltern liegt es, nicht nur ihr vorstaatliches Elternrecht einzufordern, sondern sie haben vorrangige, unveräusserliche, eine Art «heilige Pflicht», für das Wohl ihrer eigenen Kinder und damit für deren Bildung und Erziehung besorgt zu sein.

Mit meinen Ausführungen will ich Grundsteine wieder freilegen, auf die man bauen kann. Zu den Grundsteinen gehören auch ein paar Kenntnisse aus der Bildungsgeschichte sowohl neueren als auch älteren Datums. Dazu vorab ein wenig Hintergrund über Entwicklungen während der letzten Generationsspanne. Im Jahr 1998 wurde der Verein «Bildung zu Hause Schweiz» ins Leben gerufen.

Familien, die ihre Kinder ohne staatlichen Schulzwang erwachsen werden lassen, haben sich nicht nur in der Schweiz zusammengeschlossen – auch in Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien, Holland, und in weiteren europäischen Ländern wie Irland und Grossbritannien (12).

Zu Hunderten und Tausenden haben sie sich und ihren Kindern die Schulalternative Bildung zu Hause (13) zunutze gemacht. Jedoch: Der «Feind» schläft nicht. Es ist bekannt, dass die Schulalternativen in Deutschland bestenfalls (in Nischen versteckt) geduldet, offiziell aber abgelehnt werden und als «das Kindeswohl gefährdend» in aller Regel sorgerechtliche Massnahmen und Gerichtsprozesse hervorrufen (14).

Der Schulzwang wurde in Deutschland vor rund hundert Jahren (11. August 1919) mit der «Weimarer Reichsverfassung» (Art. 145) eingeführt (15), wurde aber wegen fehlender politischer Voraussetzungen erst 1938, zur Zeit des Nationalsozialismus, um- und (bis heute) durchgesetzt. In einer Mehrzahl der Kantone der Schweiz ist es Eltern erlaubt, unter strengen Vorgaben und unter behördlicher Aufsicht Schulalternativen auszuleben.

Auch gibt es eine Reihe von Kantonen, in denen der Schulzwang wie in Deutschland besteht oder neu eingeführt worden ist, wo Vorschriften verschärft oder Bewilligungen restriktiver erteilt oder verweigert werden. (16) Die Durchsetzung des schweizerischen Schulzwangs geht geschichtlich bis ins ausgehende 19. Jahrhundert zurück.

Der Schulbesuchszwang scheint seither in Stein gemeisselt zu sein. Die Diskussion über Sinn und Zweck darf und kann nicht stattfinden. Dient der Schulzwang dann möglicherweise nicht den Kindern, sondern den Erwachsenen; den Eltern als willkommene staatlich organisierte und von der Allgemeinheit finanzierte Kinderaufbewahrungsanstalt, als Einrichtung, die elterliche Zuständigkeit aufzuheben, Eltern von ihren Pflichten zugunsten von Karriere und Freizeitvergnügen zu befreien; den Sozialingenieuren als Tummelplatz und ideologisches Experimentierfeld; der Politik und der Verwaltung als unverzichtbares Machtinstrument, staatsgläubige Bürger heranzubilden, um sie an eine lebenslange Abhängigkeit von staatlicher Zwangsbegleitung zu gewöhnen; der Sozialindustrie als verlässlichem, gut entlöhnendem, krisensicherem, satte Altersrenten in Aussicht stellendem und fortwährend neue Arbeitsplätze schaffendem Arbeitgeber mit guten Aufstiegs- und Diversifikationsmöglichkeiten?

Ich habe es mir mit dieser Niederschrift zur Aufgabe gemacht, in den nun folgenden Abschnitten diesen Fragen nachzugehen, das Spannungsfeld, das zwischen Elternschaft und Zwangsbeschulung erzeugt wird, für Otto Normalbürger näher auszuleuchten, Argumente zu untersuchen und mögliche Auswege aufzuzeigen.

Die Gretchenfrage lautet also, ob für Bildung und Erziehung ihrer eigenen Kinder die Eltern zuständig sind oder ob die staatliche Obrigkeit mit ihren künstlich geschaffenen Institutionen dafür zuständig ist. Wo beide Parteien sich dazu berufen erklären, wird der Stärkere die Oberhand behalten wollen.

Damit stellt sich die Frage nach der Legitimität, d.h. inwiefern es rechtens ist, dass der Staat überhaupt erzieherische Ambitionen hegt («staatlicher Erziehungsauftrag»), dass er mit seiner Erziehungstätigkeit (und auch mit Vorgaben zur «staatlichen Anerkennung») in Konkurrenz zu den Eltern tritt, obwohl es allein deren zuvorderste Pflicht ist, Pflege, Erziehung und Bildung ihrer Kinder an die Hand zu nehmen (17), und dass er – wenn Eltern und staatliche Erziehungsvertreter sich nicht einigen können – seine Erziehungsvorstellungen notfalls auch gegen den Willen der Eltern durchdrückt (bis hin zur Entziehung des Sorgerechts).

Dass staatliche Behörden alle Machtmittel haben und leider auch einsetzen, Eltern zu bedrängen und deren Kinder unter Zwang zu setzen, ihre Anwesenheitspflicht an staatlichen Schulen zu erfüllen, ist bekannt. Die Rechtmässigkeit dieses Zwangs bzw. die Frage, ob dieser Zwang nicht doch ein Missbrauch der Staatsgewalt, eine Missachtung der Menschenwürde und Ausdruck falsch verstandener Menschenrechte ist, gilt es zu prüfen.

Der Leser, der bereit ist, sich mit solchen Gedanken zu beschäftigen, wird für sich und seine Kinder bessere Voraussetzungen schaffen wollen, als wir Eltern sie vor 35 Jahren vorgefunden hatten. Bildung zu Hause, der Wille, Wahrheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde als allen Gesetzen über- bzw. vorgeordnet vorauszusetzen, hat uns als Familie gestärkt und weiter fortgebildet, als wir es je für uns und unsere Kinder gewünscht oder begehrt hätten.

Ich hoffe, mit dieser Schrift Gedankenanstösse zu vermitteln und Informationen weiterzugeben, die zeitlos sind und deshalb niemals ihre Bedeutung verlieren werden. Dies nicht, weil ich inzwischen so klug geworden wäre, sondern weil ich mich selbst weitgehend auf zeitlose und andere, aus der Vergangenheit ausgegrabene Erkenntnisse und Quellen stützen werde.

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Über den Autor:

Rudolf Schmidheiny hat einen praktischen Beruf erlernt und ist Vater von vier erwachsenen Kindern, die (so gut wie) ohne Schulbesuch aufgewachsen sind. Zusammen mit seiner britischen Frau hat er, ohne es zu beabsichtigen, eine Bewegung unter Schweizer Eltern angestossen, die ihre Aufgaben als Erzieher neu verstehen lernten und fanden. Der Entscheid der pädagogisch nicht gebildeten Eltern, ab 1990 ihre Kinder dem staatlichen Schulbetrieb zu entziehen, erregte wenig Aufsehen, dafür viel Unverständnis. Allen Unkenrufen, Warnungen und Prophezeiungen zum Trotz war ihre Pionierarbeit von Erfolg gekrönt. In der Schweiz und im benachbarten Deutschland und anderen Ländern fand die Schulalternative «Bildung zu Hause» seit der Jahrtausendwende eine sich rasch mehrende Zahl von Nachahmern. Seit 2013 weilt der der Autor mit seiner Frau in England, wo auch zwei der Kinder heute leben. Alle neun Enkelkinder wiederum werden im elterlichen Haus – schulfrei – erzogen und gebildet.

Buch-Hinweis:

Rudolf Schmidheiny: Kinder gehören den Eltern – nicht dem Staat! Books on Demand, 2023. 398 S., Weitere Infos und Bestellung demnächst hier

Hinweise:

(1) Das Leseheft war damals schon 11 Jahre – seit 1975! – im Sortiment des kantonalen Lehrmittelverlags, die letzte (sechste) Auflage ist von 2016 – Bolliger, Max (Verf.), Jucker, Sita (Illustr.): Eine Herbstgeschichte. Lehrmittelverlag Zürich, Zürich 1975.

(2) «Auswendig lernen» heisst im Französischen «apprendre par cœur» oder im Englischen «to learn by heart», was so viel wie «mit dem Herzen lernen» bedeutet.

(3) Für mit Schweizerdeutsch nicht vertraute Leser: Lesenlernen ist für Schweizerdeutsch sprechende Kinder ein Doppelschritt, nämlich Schrift zu entziffern und eine neue Sprache zu lernen. Unsere Alltagssprache Schweizerdeutsch ist eine ungeschriebene Sprache.

(4) Ein durch mich erbetenes, persönliches Treffen mit dem ledigen Autor fortgeschrittenen Alters förderte seine Meinung zutage, dass er es nämlich als falsch erachte, wenn Erwachsene, etwa wie die im Erstleseheft vorgestellte Mutter, sich ins Leben aufwachsender Kinder «einmischten». Der Inhalt seiner Lesehefte (und Kinderbücher) spiegelt die allgegenwärtige Erziehungsideologie wider, wie sie von Frank Furedi, „100 Jahre Identitätskrise – Kulturkampf um Sozialisation“ (100 Years of Identity Crisis – Culture War Over Socialisation), trefflich und sehr ausführlich beschrieben wird. (Siehe Anhang F, Literaturhinweise)

(5) Spohn, Jürgen: Eledil und Krokofant – Reime & Bilder. S. Mohn Verlag, Gütersloh 1967.

(6) So die in Lehrmitteln vom ersten bis vierten Schuljahr gefundenen Thematiken.

(7) Die Erstlesefibel «Eine Herbstgeschichte» von Max Bolliger (1929–2013) war 2016 in sechster Auflage erschienen und bleibt über den Tod des Autors hinaus offizielles, von Lehrern gerne genutztes Schulmaterial und Teil des Angebots im Lehrmittelverlag Zürich. Bolliger hatte für seine schriftstellerische Tätigkeit alle denkbaren Jugendbuchpreise erhalten, seine vielen Schriften wurden teilweise in mehrere Sprachen übersetzt. Er unterrichtete ausserdem am Kantonalen Primarlehrerseminar Zürich (und konnte so sein verderbliches Gedankengut an künftige Lehrer vermitteln, bevor die Schüler es während des Leseunterrichts auswendig lernten und inwendig aufnahmen). Ein Ehrendoktortitel der Universität Zürich (verliehen 1994) ziert die Liste der «Verdienste» dieses äusserst erfolgreichen Umerziehers.

(8) Alle vier haben erstaunlich einfach eine Lehrstelle oder einen Studienplatz gefunden. Alle vier haben mehr als eine Berufsausbildung, sind mehrsprachig und stehen heute erfolgreich im Berufs- und Familienalltag.

(9) HarmoS = Harmonisierung der obligatorischen Schule (2007–2010).

(10) Der Lehrplan 21 (LP21), ein Projekt der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK), hat zum Ziel, mit einem Lehrplan oder Curriculum die Ziele der Volksschule in den 21 Kantonen der Deutschschweiz zu harmonisieren (2010–2020). Als strukturelle Hauptkritikpunkte werden die frühe obligatorische Einschulung, die Transformation des Kindergartens, die zunehmende Verstaatlichung der Erziehung zulasten der Erziehungsberechtigung der Eltern, die Verschiebung der Schulhoheit von den Kantonen auf nicht-demokratisch gewählte Gremien (EDK) verbunden mit der De-facto-Abschaffung der demokratischen Mitsprache in Bildungsangelegenheiten genannt. Als inhaltlicher Hauptkritikpunkt wird vorgebracht, dass mit der «Kompetenzorientierung» nicht mehr der Erwerb von klassischem Schulstoff im Zentrum stehe, wodurch Bildungsinhalte beliebig würden. Da der Kompetenzbegriff auch Haltungen und Einstellungen beinhalte, könnten die Schüler ideologisch beeinflusst werden. Die Schulstreiks von 2019 bringen selbstredend genau das zum Ausdruck.

(11) Die Geschichte davon, wie wenig Bereitschaft Verantwortliche innerhalb der christlichen Kirchen zeigten, sich mit den durch die Schule vermittelten subversiven Inhalten auseinanderzusetzen, könnte Seiten füllen. Das wortstarke Zeugnis, sich für «die Wahrheit» einzusetzen, verblich in unserem Urteil. Bis heute wird der staatliche Schulzwang als Gott gegeben verteidigt.

(12) In Grossbritannien gab es meines Wissens nie einen Schulzwang. Daher ist Bildung zu Hause eine zwar in Nischen, aber seit Generationen praktizierte Erziehungsalternative. Heute sind es in Grossbritannien Zehntausende, in den USA mehrere Millionen von Kindern, die «zu Hause zur Schule gehen», mit stark wachsender Tendenz.

(13) Hier eine Auswahl weiterer Bezeichnungen: Freilernen, selbstbestimmtes Lernen, natürliches Lernen, häuslicher Unterricht, Hausunterricht, Heimunterricht, Lernen ohne Schule, elterngeleitete Bildung; frz. les enfants d’abord, école à la maison; engl. education otherwise, home education; amerik. homeschooling usw.

(14) Siehe das in Teil II (S. 155) erwähnte EGMR-Urteil vom 10. Januar 2019.

(15) Bis zu dieser Zeit war das sogenannte Hauslehrertum in Deutschland gängig.

(16) Einzelbeispiele werden weiter unten erwähnt.

(17) «Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.» (Deutsches Grundgesetz, Mai 1949; Art. 6 Abs. 2). «Das Recht der Eltern, die Pflege und Erziehung des Kindes zu leiten, […] ist grundsätzlich unübertragbar, unverzichtbar und unvererblich und daher höchstpersönlicher Natur.» In: Urs Tschümperlin: Die elterliche Gewalt in bezug auf die Person des Kindes (Art. 301 bis 303 ZGB). Arbeiten aus dem Iuristischen Seminar der Universität Freiburg Schweiz n.° 92, Hrsg. von Peter Gauch. Universitätsverlag 1989, S. 50 – zitiert bei Lucien Criblez, Erziehungsauftrag der Schule – Eingriff in die Erziehungsrechte der Familie?, Bern 2003, S. 7.

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