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Die Bürgerrechtsbewegung steht vor ihrer grössten Herausforderung

Published On: 28. November 2022 0:04

Veröffentlicht am 28. November 2022 von RL.

Bei den Verfassungsfreunden ist gerade einiges in Bewegung. Die Mehrheit des Vorstands ist jüngst zurückgetreten. Die Zukunft des Vereins ist ungewiss. Marion Russek und Sandro Meier sind der Meinung, dass die Organisation nun endgültig aufgelöst werden sollte. Andere Stimmen innerhalb der Bürgerrechtsbewegung sehen in der jetzigen Situation für den Verein eine grosse Chance, dass dieser wieder zu alter Stärke zurückfinden kann – darunter Christoph Pfluger, dessen Meinungsartikel wir an dieser Stelle publizieren.

Die Talsohle bei den Verfassungsfreunde sei erreicht, habe ich noch vorgestern in einem Newsletter an die Leserinnen und Leser des Zeitpunkt behauptet. Es gehe jetzt nur noch bergauf,wenn auch mit Anstrengung.

Aber irren ist menschlich. Und je früher man einen Irrtum bemerkt, desto besser. Also hinein ins Unvergnügen!

Die Verfassungsfreunde, die mit Abstand grösste Gruppierung der Bürgerrechtsbewegung, kann noch viel tiefer fallen, als sich mit dem Rücktritt der Vorstandsmehrheit angekündigt hat. Sie droht, die Referendumsfähigkeit zu verlieren.

Warum ist die Referendumsfähigkeit wichtig?

Sie ist das Eintrittsticket in das schweizerische politische Konzert, das sich zwar meist wie eine Kakophonie anhört, dem aber eine neue Melodie gut anstehen würde.

Referendumsfähige Gruppen werden wahrgenommen, wenn auch oft nicht offiziell. Sie müssen bereits im Gesetzgebungsprozess ernst genommen werden, um Abstimmungen und das Risiko von Niederlagen zu verhindern.

Referendumsfähige Gruppen können sich neben der Drohung einer Unterschriftensammlung auch mit Argumenten in die politische Diskussion einbringen. Ihre Forderungen werden, wenn ein Kompromiss möglich ist, manchmal auch berücksichtigt.

Nicht referendumsfähige Gruppen haben beschränkte Möglichkeiten: Sie können Demos organisieren, Plakate aufhängen, Petitionen lancieren und Briefe schreiben, deren Wirkung die Mauern des Bundeshauses sozusagen nie durchdringt.

Wer nicht referendumsfähig ist, muss entweder sehr laut sein, was die subtileren und gelegentlich auch etwas intelligenteren Kräfte abstösst. Oder er muss hohe Ziele und grosse Ausdauer haben, was wiederum die Lautstarken, die es auch braucht, nicht besonders anspricht.

Solche Gruppierungen haben daher Schwierigkeiten, die optimale Mitgliedermischung hinzukriegen. Darum sind interne Demokratie und eine offene Debatte über unterschiedliche Standpunkt so wichtig.

Die Referendumsfähigkeit ist also eine entscheidende Zutat politisch erfolgreicher Gruppen. Wer sie erreicht hat, darf die nächste Hürde anvisieren: den Sieg an der Urne.

Wer Abstimmungen gewinnen kann, muss vom Bundesrat zu informellen Gesprächen eingeladen werden. Da regelt sich einiges ohne grossen Aufwand. Das ist der Ort, wo Politik beginnt, effizient – aber auch korrupt – zu werden

Die Referendumsfähigkeit hat auch eine grosse Wirkung auf die Mitglieder. Die meisten Menschen sind lieber Teil einer erfolgreichen Bewegung als einer Gruppe von Loosern, selbst wenn sie sich an hohen Zielen orientieren.

Wenn die Verfassungsfreunde also die Referendumsfähigkeit verlieren, werden ihnen weitere Mitglieder davonlaufen und die politische Wirksamkeit rückt in grosse Ferne. Eine Teufelsspirale.

Die Referendumsfähigkeit ist übrigens nicht nur das Problem der Verfassungsfreunde. Sie ist das Problem der gesamten Bürgerrechtsbewegung.

Keine Gruppierung ist zur Zeit in der Lage, allein ein Referendum durchzuziehen. Aber gegenseitige Hilfe ist in einer Zeit des Mangels rar. Alle müssen schauen, dass sie ihre Aufmerksamkeitseinheiten und ihre Spenden bekommen. Der Gewinn der Einen ist unter diesen Umständen der Verlust der Andern.

Das ist natürlich ein Irrtum. Kooperation – bei allem Respekt vor Autonomie – hat noch immer mehr gebracht als Eigenbrötlerei.

Warum ist die Frage der Referendumsfähigkeit jetzt entscheidend?

Dazu gibt es interne und externe Faktoren. Intern: Die Freunde der Verfassung befinden sich mit dem Antrag auf Auflösung – der von möglichen Erben befürwortet wird – in einer kritischen Situation.

Sie brauchen dringend ein motivierendes Ziel, das sie nach einem Jahr der Beschäftigung mit sich selber wieder in Bewegung bringt. Die Verfassungsfreunde sind ein Notfallpatient, der Intensivbehandlung braucht, wenn er weiterleben soll.

Extern: Mitte Dezember wird eine weitere Verlängerung des Covid-19-Gesetzes vom Ständerat verabschiedet. Die Referendumsfrist beginnt zwischen Weihnachten und Neujahr.

Es ist mehr oder weniger das Gesetz, das wir zweimal bekämpft und verloren haben, beim zweiten Mal durch unverzeihliche eigene Fehler. Um die zweite Abstimmung zu gewinnen, hätte man die geimpfte Bevölkerungsmehrheit ins Boot holen müssen. Aber statt schlau wollte man stark sein, stärker als man wirklich war.

Es gibt drei Gründe, warum wir ein weiteres Mal das Referendum ergreifen müssen:

Erstens bedeutet der Verzicht auf das Referendum die endgültige Niederlage. Wer schon gar nicht antritt, hat bereits verloren. Es bedeutet auch, dass man nichts aus den Niederlagen gelernt hat – ungefähr der schlimmstmögliche politische Fehler.

Zweitens lässt sich diese Abstimmung gewinnen. Das Gesetz erlaubt jederzeit die Wiedereinführung des Zertifikats und damit der indirekten Impfpflicht, die so viel sozialen und gesundheitlichen Schaden angerichtet hat.

Im Gegensatz zum Vorjahr bereuen heute viele Geimpfte ihren Entscheid. Sie haben vielleicht Ja zur Impfung gesagt, aber sie werden Nein zum Gesetz sagen.

Drittens brauchen die Bürgerrechtsbewegung und besonders die Verfassungsfreunde wieder eine echte Herausforderung. Das wird sie inspirieren und zusammenschweissen. Das wird sie für die kommenden Herausforderungen auch brauchen.

Sind die Verfassungsfreunde in der Lage, ein Referendum zu lancieren? Vermutlich ja. Aber haben sie auch den Willen? Und haben sie den Ernst der Lage erkannt?

Die schönen Worte der jüngsten Mitteilung des Präsidenten Roland Bühlmann klingen nicht danach. «Voll handlungsfähig» sei der Vorstand heisst es da. Und «Wir treiben die beschlossenen Projekte – insbesondere die Unterstützung der Giacometti- und der Souveränitätsinitiative – voller Elan voran und engagieren uns für die Interessen unserer Mitglieder.»

Nur: Die Giacometti-Initiative ist zwar ausgezeichnet – «Volk und Stände entscheiden über dringlich erklärte Bundesgesetze» – und leidet unter Sammelrückstand. Aber sie kann notfalls warten oder dem Komitee der Initiative überlassen werden. Und die Souveränitäts-Initiative von mass-voll ist noch gar nicht am Start.

Man wird sehen, wie Roland Bühlmann seine schwierige Aufgabe meistert. Es wäre schon ein Gewinn, wenn er den Ernst der Lage erkennen und den Mitglieder reinen Wein einschenken würde.

Eine schwierige Lage erfordert als erstes Wahrheit. Dann kann man nämlich entscheiden, ob man Mut haben will. Sonst tappt man weiterhin im Nebel der Selbstüberschätzung herum. Und stürzt ab.

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